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Verdammt ich lieb mich, ich lieb mich nicht....

Verdammt ich lieb mich, ich lieb mich nicht

Führe Dich selbst und dann die anderen 

„Ich verstehe es einfach nicht! Ich kann es einfach nicht! Immer wieder stehe ich vor dem finanziellen Aus. Die Mitarbeiter machen eh hier alle was sie wollen! Denkt hier irgendjemand mal ans Unternehmen?" Ralf brüllte vor sich hin.

Vor nicht einmal zehn Minuten war sein Tag noch schön. Jetzt hat sein Office Manager ihm die aktuellen Monatswerte vorgelegt. Finster - sehr finster. Sie schafften nicht die Ergebnisse, die sie sich vorgenommen hatten. Den einen Tag freuten sie sich, dass sie gute Abschlüsse getätigt hatten, am nächsten Tag fiel mal wieder jemand wegen Corona aus. Vision und Realität lagen so weit auseinander, dass es unmöglich erschien, die beiden zusammenzubekommen.

„Das passt doch einfach nicht zusammen. Wir müssen uns ständig neue Dinge einfallen lassen, um neue Mitarbeiter zu bekommen. Und ich bin da schon ein Vorbildunternehmer: Betriebliche Altersvorsorge und Krankenversicherung, KiTa-Zuschuss, Firmenfahrzeug und nun auch noch die 32 Stundenwoche." grübelt Ralf vor sich hin. „Ich habe den Eindruck, dass sich meine Mitarbeiter immer weniger bewegen und ich dafür immer schneller renne. Was kann ich nur tun, damit die endlich mal mit anpacken."

Was war passiert? Ralf hatte die letzten Monate viel Zeit und Geld investiert, um sich und sein Unternehmen auf einen guten Weg zu bekommen. Er hat Seminare besucht, Coachings gehabt und Bücher über Bücher gelesen. Auch körperlich war er lange nicht so fit wie jetzt. Nur sein Unternehmen nahm schlichtweg Kurs auf den Betonpfeiler namens Insolvenz.

Ralf legte den Kopf auf den Schreibtisch. Er würde am liebsten heulen. Er sah sich nicht in der Lage die Situation noch zu drehen. Das war der Beweis – er ist der absolute Looser, Nichtskönner, eben kein Unternehmer. „Ich bin ein Nichts." murmelt Ralf vor sich hin.

„Okay… bevor ich gleich von einer Brücke springe, brauche ich jemanden, mit dem ich reden kann. Jemand, der mir hilft einen Weg zu finden." führte Ralf das Selbstgespräch fort. „Aber wer zum Teufel kann das sein?" Gedankenverloren nahm Ralf sein Smartphone in die Hand.

Beim Durchscrollen seiner Kontakte blieb sein Blick an der Telefonnummer seines Kumpels Marc hängen. Sie hatten seit Monaten keinen Kontakt mehr. Marc ist Coach und Trainer und hat sich auf die Entwicklung von Führungsteams spezialisiert. Er könnte sogar fachlich einen Tipp auf Lager haben. Ohne lange abzuwarten, tippte er auf die Telefonnummer und hörte das Freizeichen…

„Moin Ralf!" begrüßte Marc ihn erfreut. „Mensch, lange nichts gehört."

„Hey Marc," versuchte Ralf souverän zu klingen „da hast Du Recht – viel zu lange nicht."

„Erzähl - wie ist es Dir in den letzten Monaten ergangen?" forderte Marc seinen Kumpel auf, von sich zu erzählen.

Ohne Umschweife gab Ralf eine Zusammenfassung der letzten Monate ab, und schloss mit den Worten: „Das ist auch der Grund meines Anrufes. Ich war grad kurz davor von der Brücke zu springen. Trotz der ganzen Seminare habe ich das Gefühl, dass ich mich im Kreis drehe."

„Puh… das sind ja mal News. Da kann ich mir vorstellen, dass es Dir nicht gut geht. Sag Ralf, was wünschst Du Dir von mir grad? Soll ich Dir lediglich als Freund zuhören, möchtest Du Tipps aus meinen Erfahrungen als Unternehmensberater oder bekomme ich grad das Mandat Dich freundschaftlich zu coachen?" „Das ist typisch Marc." dachte Ralf mit einem Schmunzeln. „Niemals würde er ohne Mandat coachen."

Grinsend fragte Ralf „Kannst Du zaubern? Kannst Du machen, dass alles gut wird? Das hätte ich dann gerne." Marc musste lachen „Das hätte ich mir denken können. Immer noch der Unternehmer von Welt. Am liebsten den direkten Erfolg, ohne etwas zu tun." Nach einer kurzen Pause fügte er ruhig und sehr ernst hinzu: „Ich kann zaubern, dass Du zaubern kannst. Deine Probleme weghexen kann ich nicht."

Die beiden Männer verabredeten sich direkt für den nächsten Tag. Nach eineinhalb Stunden hatten sie die Themenfelder analysiert:

  • Statustraining
  • Selbstliebe anstatt „Ich bin ein Nichts"
  • Führungsteam aufbauen
  • Kümmere Dich um Dein Team, dann kümmert sich Dein Team um Deine Probleme
  • Verzicht als Investition betrachten

Zufrieden und mit frischer Energie fasste Ralf das eben Gelernte noch einmal zusammen: „Okay, ich habe verstanden, dass ich in den letzten Monaten zwar an meinem äußeren Status gearbeitet habe, aber mein innerer Status nur begrenzt gewachsen ist. Da habe ich noch Potential. Mein Glaubenssatz „Ich bin ein Nichts." sorgt dafür, dass ich mich selbst nicht genügend liebe, und dadurch unbewusst immer wieder Strategien wähle, die mich noch tiefer in die Misere bringen."

Marc nickte zufrieden. „Glaubenssätze sind manchmal tückisch. Wenn wir selbst nicht an uns glauben, warum sollen andere es tun? Lass uns daran arbeiten, dass wir den Glaubenssatz zeitnah in einen positiven umwandeln."

„Gerne. Was mir einleuchtet ist, dass ich dadurch, dass ich die Lösungen schon immer mit in unsere Teamrunden gebracht habe, dass ich meine Mitarbeiter zur Faulheit erzogen habe. Sie sind weder dumm noch faul. Ich habe schlichtweg deren Potential nicht genutzt. Krasse Erkenntnis, dass ich einen großen Anteil daran selbst hatte."

„Du bist in guter Gesellschaft." beruhigte Marc ihn. „Das ist für uns tägliches Brot. Auch dass die meisten Unternehmer nicht erkennen, dass es sinnvoll ist, ein Führungsteam aufzubauen. Meistens kommen Sätze wie „Die arbeiten doch sonst auch nicht zusammen." oder „Das kann ich mir nicht leisten, dass ich die auch noch tagelang in Seminare schicke." Allerdings frage ich mich, wie es funktionieren soll, wenn ein Unternehmer zu einigen Mitarbeiter sagt „Ihr seid jetzt Führungskräfte, damit ich mich um meine Unternehmeraufgaben kümmern kann." und dann keiner dafür sorgt, dass die Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen auch die Skills bekommen, um ihren Rollenwechsel vollziehen zu können. Eine gute Fachkraft ist noch lange keine Führungskraft."

„Jaaaa… schon verstanden." verdrehte Ralf gespielt die Augen. „Am falschen Ende gespart. Ich habe es ja verstanden."

„Naja… das ist wie bei einigen Hausherren, die das erste Mal ein Haus bauen. Die Gewerke Maler und Garten- und Landschaftsbau werden oft aus der Finanzierung rausgerechnet, weil man denkt, dass man es als Eigenleistung schaffen könnte. Allerdings wirkt ein teures Haus mit einem ungepflegten Garten und weiß gestrichenen Wänden wenig heimelig. Deine Führungskräfte sorgen dafür, dass sich Menschen in Deinem Unternehmen wohlfühlen. Du solltest ihnen also Farbe und Pflanzen im übertragenden Sinne geben."

„Verstanden. Mit dem letzten Punkt hast Du mich allerdings voll erwischt. Ich verzichte überhaupt nicht gerne. Im Gegenteil: Ich hasse Verzicht. Dein Ansatz Verzicht als Investition zu betrachten, hat aber meine Gehirnzellen erreicht. Ich werde mich gleich morgen daransetzen, alle Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren."

„Perfekt." klopft Marc Ralf auf die Schulter. „Was ist für Dich Deine wichtigste Erkenntnis?" Ralf überlegt einen Moment. Dann erhellt sich sein Gesicht und er sagt „Die wichtigste Erkenntnis ist, dass ich mit dem ewigen „Verdammt ich lieb mich, ich lieb mich nicht" aufhören will. Wenigstens ich sollte mich selbst mögen, auch wenn ich mal einen Fehler mache." „Super", sagt Marc „und was ist Dein erster Schritt dazu?"

Sie oder ich?!
 

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